| von hier an blind |
10. April 05
ich meine, ich will jetzt nicht belehrend klingen, aber das tolle am internet ist doch unter anderem, dass man sachen nicht zweimal erfinden muss, man muss sie nur einmal finden! und also hab ich heute bei amazon eine beurteilung des neuen wir sind helden albums gefunden, die zwar aus berlin stammt aber trotzdem sehr gut meine gedanken zu von hier an blind zusammenfasst:
mit kaum einem anderen album in diesem frühjahr wurden größere erwartungen verknüpft als mit "von hier an blind", dem langersehnten nachfolger der genialen "reklamation". und die bewertung von alben, die auf ein außergewöhnlich gutes und erfolgreiches debüt folgen, ist naturgemäß schwierig. bleibt die band bei ihrem gewohnten stil, so werden viele enttäuscht murren: "denen fällt schon nach dem ersten album nichts neues mehr ein!" und wenn die band ein album abliefert, dass nicht nach dem erstling klingt, werden sich andere beschweren: "das klingt nicht mehr wie das debüt, ist also enttäuschend!" dieses dilemma lässt sich an vielen der hier schon veröffentlichten rezensionen ablesen.
lange rede, kurzer sinn: die helden haben die flucht nach vorne angetreten und keine zweite "reklamation" veröffentlicht... und das ist auch gut so! nach selbstplagiat und langweiligem wandeln auf gewohnten erfolgspfaden sucht man auf dem neuen album vergeblich. die songs sind abwechslungsreich, klingen (großteils) etwas weniger frech und verspielt als auf dem erstling und brauchen etwas mehr zeit, um sich in den gehörgängen einzunisten (um dann aber auch nicht mehr so schnell daraus zu verschwinden!) stücke, die noch am ehesten nach dem stil der reklamation klingen, sind die gute-laune-nummer "bitte gib mir nur ein wort", der seitenhieb auf jeanette biedermann und co. "zieh dir was an" und die lustige single "gekommen um zu bleiben". mit liedern wie "echolot" oder "darf ich das behalten" eröffnen sich sowohl textlich als auch musikalisch lyrischere und weniger eindeutige und eingängige dimensionen. das bedeutet aber glücklicherweise nicht, dass sich die band neuerdings bedeutungsschwangerer hamburger-schule-formelsprache bedient. judiths sprachkunst besticht nach wie vor durch ihr untrügliches gefühl für unkonventionelle reime und durch ihre unverkrampfte natürlichkeit.
fazit: "von hier an blind" ist ein großartiges album geworden, dass ein bisschen anders klingt als die "reklamation" und auf dem die band ihren typischen stil trotzdem nicht aufgibt, sondern weiterentwickelt. das verdient nach dem hype und angesichts des hohen erwartungsdrucks besonderen respekt. wer diesem album gerecht werden will, sollte sich darauf einlassen. wer einer band keine entwicklung zugesteht und schon nach dem ersten hören von enttäuschten erwartungen spricht, sollte lieber zum 1000. mal die "reklamation" hören.
mehr muss ich nicht mehr sagen. sehr schön.